Die meisten von
Euch haben die Destination, für den Orden und die Kirche zu
beten.
Ihr
erfüllt diese Destination mit großem Eifer, auch wenn das Beten
manchen von Euch nicht immer leicht fällt. Und doch ist es ein
wichtiger Dienst, für den wir Jüngere dankbar sind. Außerdem
gebt Ihr damit den Mitbrüdern und der Kirche ein wichtiges
Zeugnis.
Wir
Jesuiten sind ja gewohnt, viel zu arbeiten, und meistens erfahren
wir Frucht und Sinn in unserer Arbeit. Oft definieren wir uns auch
zu sehr über das, was wir leisten. Im Alter kann man weniger tun,
in der letzten Lebensphase oft gar nichts mehr. Das fällt uns
Jesuiten besonders schwer. Für viele von Euch steht die Aufgabe
an, das Tun loszulassen. Nun klingt das Wort "loslassen"
etwas negativ; daher sagen wir vielleicht besser: "zurückgeben".
Was wir vom Herrn empfingen, geben wir Ihm zurück, hoffentlich in
Dankbarkeit
und Freude.
Ich
wünsche Euch, dass Ihr frohen Herzens Euer Tun und Euch selbst
Ihm zurückgeben könnt - auch das ist ein Zeugnis für die
jüngeren Mitmenschen.
In
unseren Kommunitäten lebt man im Alter meist dichter zusammen als
in jungen Jahren, in denen die meisten von uns ja eher nach außen
orientiert sind. Ihr nehmt einander intensiver wahr, in den
Stärken und in den Schwächen. Gerade die Schwächen fallen uns
ja beim anderen stark auf, und wir nehmen Anstoß daran, reden
darüber, gehen uns damit gegenseitig auf die Nerven. Daher ist es
im Alter
nochmals
eine besondere Aufgabe, sich gegenseitig zu tragen, einander zu
ertra-
und
durchzutragen, Ich ermuntere euch, diese Aufgabe, die nicht immer
einfach ist, anzunehmen. Wichtig ist, dass wir nicht zu schnell
urteilen und verurteilen und dass wir nicht schlecht reden über
Abwesende.
(Aus
einem Brief von P. Provinzial Stefan Kiechle
2011)
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29.
Wenngleich der typische Jesuit seine apostolische Arbeit als
Priester oder Bruder auch deutlich in die Zeit des
Ruhestandes hinein fortsetzt, kommt doch im allgemeinen
eine Zeit, in der solch äußere Tätigkeit aufhören muss. Wenn
das geschieht, kann er versucht sein, zu denken, sein Leben hätte
sein eigentliches
Ziel verloren; er soll vom Herrn
lernen, dass ihm im Gegenteil ein neuer Weg eröffnet wird, seine
apostolische Sendung als Jesuit zu verwirklichen. Das Alter
vermindert in keiner Weise sein Priestertum (oder seine Sendung
als Bruder) noch wahre apostolische Vitalität.
Auch
wenn er jetzt vielleicht nur noch in der Lage ist, der Eucharistie
beizuwohnen und privat darum zu beten, dass der Herr
die Arbeit der Kirche und seiner Mitbrüder segnet, fährt er
gerade darin fort, ein geschätzter Apostel und Arbeiter zu sein.
Jetzt ist er vielleicht sogar am allermeisten aufgerufen,
ein
Leben des priesterlichen Gebets für andere zu
leben, zusammen mit Christus, dem Hohenpriester, der uns
vorangegangen ist als Urheber und Vollender des Glaubens
(Hebr 12,2).
In
seiner Ansprache an die Gesellschaft brachte Pater Arrupe gegen
Ende seines
Lebens, als er schon sehr
gebrechlich war, die Erfahrung vieler alter Jesuiten zum
Ausdruck:
»Mehr
denn je befinde ich mich jetzt in Gottes Hand. Das habe ich mir
mein ganzes Leben lang von Jugend auf gewünscht. Es gibt jetzt
aber einen Unter schied: Heute liegt die Initiative ganz
bei Gott. Mich so völlig in seinen Händen zu wissen und zu
fühlen, ist wahrhaftig eine tiefe geistliche Erfahrung.«
(aus
der 35. Generalkongregation Dekret 6: Der Jesuit als Priester)
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