Der Weg der Exerzitien

Sich selbst begegnen: Eine Woche lang schweigen! Wer kann das aushalten? Einfach dasitzen,
die Augen schweifen lassen, das Licht sehen und die Fliege, die kreist. Stille.
Nichts tun. Nichts, das nötigt: Keine Post. Kein Telefon. Kein PC. Was jetzt?

Das erste, das Menschen erleben, wenn sie ins Schweigen gehen, ist Stille, Leere und Unsicherheit.
Aber wer diese nur ein wenig aushält und sich der Stille stellt, spürt ihre Kraft, die unvergleichbar ist.
Der Mensch kommt zur Ruhe und zu sich selber.

So eine Zeit der Unterbrechung kommt nicht immer freiwillig. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, wurde bei einer Schlacht schwer verletzt. Monatelang lag er im Bett. Die Zeit der Krankheit wurde für ihn zur Wende in seinem Leben. Er lernte seine Aufmerksamkeit nach innen zu richten, sich selber und seine seelischen Regungen zu beobachten. Was für eine Reise! Wer es auf sich nimmt, sich selber zu erkennen und auszuhalten, der kann eine neue Welt entdecken.

Dem begegnen, der mein Leben trägt: In den Exerzitien schauen die Menschen nicht nur in sich hinein, sondern sie sprechen sich auch aus. Dafür ist der Exerzitienbegleiter zuständig. Er hört sich Anliegen und Erfahrungen der Teilnehmer an und macht dann einen Vorschlag,  was sie in der Stille tun können: einen Spaziergang machen, über ihr Leben nachdenken oder einen Abschnitt aus der Bibel anschauen.

Ziel ist es, mit Gott in Kontakt. zu kommen, etwa durch ein Gebet oder eine Begebenheit aus der Bibel.

Es geht nicht so sehr darum,  über Gott nachzudenken, sondern eher, ihn an sich heranzulassen - sich von ihm ansprechen und berühren zu lassen - wie ein Kind sich von einer Geschichte berühren lässt.

Dann kann es geschehen, dass sich im Inneren eine Tür öffnet und das Herz weit wird und froh. Gott ist dann  kein unnahbares Wesen über dem Himmel, sondern einer, dessen Nähe sie ganz persönlich erfahren haben.

Wo Gott erfahren wird, werden  die Menschen selbstbewusst und frei. Sie erken­nen sich selber und ihre Aufgabe in der Welt ganz neu.
Nach der Rückkehr von einem Kurs schrieb eine junge Teilnehmerin: „Dass Gott wieder eine Rolle spielt in meinem Leben, ist die beste Erfahrung. Seither hat sich mein ganzes Leben neu geordnet."

         P. Markus Franz SJ