Action Priesterjahr 10x10: 10 Fragen an 10 Priester der Diözese Hildesheim

Manfred Hösl
 

 

Manfred Hoesl Göttingen

Warum bist du Priester geworden?

Ich bin Priester geworden, weil ich Jesuit werden wollte und das Priestertum auf dem „Weg“ lag. Das Priestertum als eigene Größe habe ich erst in Auseinandersetzung mit einem „Priestermonat“ während des Theologiestudiums schätzen gelernt. Heute würde ich sagen dominiert das Priestersein sogar das Jesuitsein, wenngleich ich das nicht trennen kann, brauche und muss.

Wie erlebst du dich in deiner Sendung, mit deinen Aufgaben?
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Mir gefällt meine Berufung und meine derzeitige Aufgabe als Pfarrer und Cityseelsorger sehr. Ich habe einen sehr vielseitigen Beruf, kann oft liturgisch aktiv sein, komme mit Menschen aller Altersstufen oder Klassen zusammen… Ich verstehe mich als Großstadtmissionar.

Wo spürst du, dass Gott mit dir am Werk ist?
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In Gottesdiensten und besonders in der Beichte bzw. im Beichtgespräch. Hier erfahre ich am meisten,  dass nicht ich „es mache“ oder „machen kann“, sondern Er…

Was bedeutet dir das Gebet und die Feier der Eucharistie?

Das Gebet (am Morgen) ist ein normaler Teil meines Alltags. Ich lese in der Hl. Schrift, habe meist noch eine geistliche Beilektüre und bete (meist) noch die Laudes. Über die Woche verteilt nehme ich etwa an sieben Eucharistiefeiern teil, allerdings nicht an jedem Tag. Am Sonntag können es schon mal drei Messen sein… Dies ist für mich aber kein Problem und keine „Arbeit“. Mir gefällt die Kommunitätsmesse am Montag. – Neben der Messe habe ich pro Woche ca. 2-3 Wortgottesdienste (Klassengottesdienste, Taufen, Beerdigungen…).
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Bist du durch dein Priestertum persönlich gewachsen?
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Das hoffe ich zumindest! Ich empfinde das Priestertum als etwas Anvertrautes und immer Junges. Es wird nicht langweilig. Es entwickelt sich zwar eine Routine, aber trotzdem ist für mich jede Messe frisch – und ich hoffe, dass dies die GottesdienstteilnehmerInnen ebenfalls so empfinden.

Welche Erfahrung hast du gemacht in der Verkündigung Gottes heute?

Meine besondere Herausforderung sehe ich darin normalen, säkularen Menschen den Glauben ohne plumpe Reduktion in verständlicher und moderner Sprache „rüberzubringen“. Ich verwende gerne und häufig z.T. recht drastische Bilder und Gleichnisse, auf die ich – auf’s Ganze gesehen - gute Rückmeldungen erhalte. Ich habe immer ein wenig Angst, dass ich zu undifferenziert oder simpel bin,
aber die Rückmeldungen diesbezüglich sind sehr selten. Auf der anderen Seite bekomme ich relativ häufig Feedbacks, die besagen, dass meine Art des Verkündigens den Lebensnerv trifft, u.a. bei Jugendlichen.
Da ich in der Sprache (Predigt) relativ „cool“ bin versuche ich einen Gottesdienst bewusst in einer „konservativen“ Form zu feiern. Ich meine: wer in der Form konservativ ist (Weihrauch, Riten, Maria…), der bekommt von den Konservativen das Mandat einen kritischen Inhalt zu verkünden. Die Liberalen wiederum „verzeihen“ die konservative Form, wenn der Inhalt up-to-date ist.



Welche Hilfen hast du erfahren in der Verkündigung?

Am meisten hat mir ein evangelischer Pfarrer geholfen: Ulrich Parzany. Er ist der Sprecher eine Evangelisationsreihe mit dem Namen „ProChrist“. Ich habe Pfarrer Parzany und „ProChrist“ vor 11 Jahren „entdeckt“. Ich finde, dass er es meisterhaft versteht, Evangelium und moderne Lebenssituation zu verbinden und zwar ohne Abstriche auf der einen wie der anderen Seite. Ich habe mir seine Predigten unzählige Male angehört, v.a. bei langen Autofahrten. Die ersten Male wegen des Inhaltes, dann immer mehr mit dem Focus auf dem „Wie?“ der Präsentation (Sprache, Betonung, Pausen, usw.).
Meine besten „Lehrmeister“ sind Prediger, meist aus evangelisch, ja evangelikaler Tradition. Ich schätze an ihnen die Treue zur Bibel, die moderne Präsentation und die Klarheit in der Aussage. Dies verbinde ich mit katholischer Tradition und Ästhetik – eine hoffentlich gesunde Mischung!


Was hilft dir in der Nachfolge Christi? z.B. Das Vorbild eines Heiligen oder eine Gemeinschaft oder....?

Am meisten die Figur Jesu selbst. Ich lebe im Glauben an den Auferstandenen. Die Auferstehung (Jesu  und meine!) ist meine Glaubensmitte, Kraft- und Freudenquelle. Dieser Glaube ist zeitlos frisch, nie überstrapaziert, ausgelaugt, ermüdend, redundant! Mein „Medium“ ist die Bibel, die ich seit meinem Studium in den Originalsprachen lese. – Ich habe keinen Heiligen, den ich besonders verehre. Natürlich sind mir bestimmte Jesuiten näher als andere, aber letztlich ist es immer Christus selbst, der mich fasziniert.

Wie erlebst du die Kirche heute - in ihren Stärken - in ihren Schwächen?

Die Kirche ist für mich heute etwas Vorgegebenes, das ich liebe und manchmal zumindest akzeptiere.
Ich habe keine großen ideologischen Probleme (mehr) mit der Kirche. Die Themenklassiker (Frauenpriestertum, Pille, Zölibat, Hexenverbrennung, Inquisition, Machtmissbrauch, Pädophilie, Papsttum) spielen in meinem Leben keine große Rolle. Ich bin bereit darüber zu sprechen, z.B. mit Jugendlichen, versuche aber besser auf eine lebenspragmatische Ebene zu kommen: wofür lebe ich? Wieso gibt es das Leid? Wie kann ich meinen Glauben leben? U.ä. Richtig verstanden ist mir die Kirche nicht so „wichtig“: Jesus ist wichtig, und dann kommt lange nichts und dann irgendwann der Papst. Diese „Rangfolge“ erlaubt es mir die realexistierende Kirche nicht nur zu tolerieren, sondern zu lieben. Wenn man offen ist, dann kann man in der Kirche eigentlich viele nette Leute treffen, einschließlich Bischöfe…
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Fühlst du dich durch den Zölibat tiefer mit Christus verbunden und hilft dir der Zölibat?

Als Ordensmann ist der Zölibat für mich kein „Thema“, weil er vom Gelübde der Keuschheit umfangen ist. Sicher ist der Zölibat / die Keuschheit unter den evangelischen Räten für mich die größte Herausforderung. Ich versuche mich aber nicht auf diese Frage zu versteiffen, sondern aus einem positiven Glauben heraus zu leben. Ich darf dann (bisher jedenfalls) feststellen, dass „es“ geht, und zwar ohne Verklemmtheit, ohne Beeinträchtigung der Gesamtpersönlichkeit. Dass es in meinem Leben hier angefochtene Zeiten gab und auch zukünftig geben wird, ist klar. Ich weiß nicht, ob ich zölibatär intakt auf der Zielgerade meines Priesterlebens ankommen werde, aber wenn, dann verdanke ich das der Gnade Gottes.
Natürlich hilft mir der Zölibat auf einer praktischen Ebene (Freiheit für…), aber das sehe ich nicht als sättigende Motivation und hinreichende Begründung an.