Der Bibelkreis - ein Zeugnis
 Zwischen Auftrag und Herzensbedürfnis




Mein Interesse, mich mehr mit der Bibel zu beschäftigen, wurde bei einem Aufenthalt in Taizé geweckt. Bei den dort stattfindenden Messen,  an  denen an die 1000 Jugendlichen aller Nationalitäten teilnahmen, wurden die Evangelien in ca sechs Landessprachen gelesen. Ich erlebte hautnah, wie viele unterschiedliche Menschen aus aller Welt ganz konzentriert den gleichen Worten zuhörten wie ich.

In anschließenden Gesprächforen wurden wir in Kleingruppen aufgefordert, uns näher über Jesu Leiden auszutauschen. „ Was heißt das für meinen christlichen Alltag, dass Jesus so einen Weg gegangen ist? Was bedeutet der Satz für mich: Die Passionsgeschichte wird zum Triumph seiner Liebe“ oder „ nur als verwundete Menschen können wir menschlich werden.“?

Verstärkt wurde mein Interesse an der Bibel wieder
in Seelbach durch die sonntäglichen Predigten, die so oft viele Fragen aufwerfen, dass ich sie gerne mit anderen Kirchgängern besprochen, eine Nachlese gehalten hätte. Daher war ich ganz begeistert, als der Pfarrer
Honé meinem Wunsch, einen Bibelkreis zu gründen, zustimmte.

Worte aus der Hl. Schrift mit anderen teilen zu dürfen, bedeutet Nähe zum „ Du „ zu bekommen, eigene Lebenserfahrungen mit den anderen zu vergleichen, zu relativieren. 
Die Bibel in den Alltag zu übertragen und mit anderen zu besprechen, macht den Inhalt verständlicher. Wenn ich in dem Buch allein lese, kann ich die vielen Lebensweisheiten, die darin enthalten sind, nicht erkennen. Wenn dagegen viele Leser in dem Evangelium die für sie ansprechenden oder auch nicht verständlichen Zeilen benennen, dann bekommt das Ganze ein viel größeres Spektrum, viele Menschen lesen mit eigenem Erfahrungshintergrund, ihre Fragen basieren auf diesem Wissen. An dem Beispiel Joh.21.1 – 14  möchte ich das Beschriebene verdeutlichen.


Es geht hier darum, dass Jesus die Jünger, die die ganze Nacht erfolglos gefischt haben, auffordert, erneut die Netze auszuwerfen.

Wie ist zu verstehen, dass nun die Netze so schwer von den Fischen sind, dass man sie
kaum an Land ziehen kann?

„Da, wo sie es allein versuchen, gelingt es ihnen nicht. Im Auftrag Jesu, im Glauben, im Vertrauen auf das Wort Gottes geschieht das scheinbar Unmögliche.“ Das Unmögliche wird möglich, wenn du glaubst.

Die Auslegung, die ich hier kurz beschrieben habe, hätte ich allein nicht finden können, obwohl die Lösung doch so einfach scheint .Mit dem Ergebnis  aber kann ich noch einmal ganz anders reflektieren.. Wo habe ich bei größeren Vorhaben, Projekten Jesus mit einbezogen in die Bitte, dass es gelingen möge?.

Das Gespräch miteinander erlaubt mir ,,offener und empfänglicher zu sein für das Geheimnis der Wunder in der Hl. Schrift.Es hilft mir, meinen Alltag in Jesu Lebensweg, in seinen Gesprächen, Begegnungen mehr zu erkennen, stärker die Frage zu stellen, was will der Text mir sagen, was hat das mit meinem heutigen Leben zu tun, wo kann er mir Hilfen geben, Antworten auf meine Fragen zu finden.

Gemeinsames Lesen bedeutet auch, dass ich
„dranbleiben muß“, d.h., dass ich nicht nach meinem Lustempfinden in der Bibel lese oder es sein lasse,
sondern ich habe einen Termin mit Gott!

Im Text: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen dürfen wir bei unseren Treffen spüren, dass wir gehalten sind .Es gibt eine Art Solidarität, die uns, die wir auf der Suche sind und bleiben, verbindet.

Beim gemeinschaftlichen Bibel teilen dürfen wir ganz die Nähe von dem spüren, der vor 2000 Jahren gelebt hat und heute ganz aktuell unser christliches Dasein bestimmt – wenn wir ja sagen.

Hannelore Klein, Seelbach