Jünger: Herr, warum willst du, dass deine Jünger ehelos sein sollen? Ist die Ehe nicht etwas gutes, von Gott gewolltes? Jesus: Sie ist etwas gutes, von Gott gewolltes, aber es ist nicht
das einzige Gut, und auch nicht das höchste Gut. Ich verachte die
Ehe nicht, ich habe ja auch die Ehe meiner Eltern erlebt, wunderbar, für
mich auch ein Ort der Liebe, des Angenommenseins, des wachsen könnens,
Ehe und Familie sind eine Möglichkeit auf dem Weg zu Gott, auch in
ihr findet man Gott, der Mann und Frau zusammenführt und Kinder schenkt.
Der Mensch ist nicht zum Sex geschaffen, sondern zur Liebe, Liebe ist mehr und größer als Sex. Die Liebe kann sich in der geschlechtlichen Liebe äußern, muss es aber nicht, sie kann sich auch anders äußern und tut das auch. Das Mehr als Sex zeigt sich in der Liebe von Person zu Person. Besonders auch in der Liebe zu den Armen. Wenn man das nicht beachtet, dann wird sexuelle Beziehung zur Ware, zum Konsum, dann ist auch die Person nicht wichtig, sondern sie ist austauschbar, Sex kann man mit vielen haben. Das ist der Trieb. Es entspricht aber nicht dem, dass der Mensch ein geistig-leibliches personales Wesen ist, Abbild Gottes, des Vaters. Diese personale Beziehung kann und soll man zu vielen pflegen, und
dazu beitragen, dass jeder Mensch sich als dieses Abbild Gottes erfahren
darf.
Jünger: Ich verstehe jetzt besser, was du über die Ehe
gesagt hast. Und ich sehe auch, dass es gar nicht so leicht ist, das zu
leben grade in diesem Verständnis.
Jesus: Ja, ich lebe ehelos, aber ich lebe nicht ohne Liebe. Im Gegenteil, die Liebe ist der Hauptinhalt meines Lebens, die Liebe zu meinem Vater im Himmel und zu den Menschen, die seine Geschöpfe sind. Diese Liebe erfüllt mich ganz, diese Liebe verkündige ich. Zuerst und vor allem die Liebe, die Gott mein Vater für euch hat, eine Liebe, die Dankbarkeit, Friede, Freude, Vergebung schafft, die Streit überwindet. Diese Liebe ist für mich so stark, dass ich mein ganzes Leben dafür eingesetzt habe. Von dieser Liebe sollt ihr leben, ihr sollt sie in euch aufnehmen, wie das tägliche Brot und sie miteinander teilen. Wenn diese Liebe in einer Ehe so gelebt wird, dann ist das wunderbar. Aber ich will euch zeigen, dass die Quelle dieser Liebe in euch selber liegt, darum habe ich meinen Geist der Liebe zu euch gesandt. Du weißt, dass ich zu der Samaritanerin von dem lebendigen Wasser gesprochen habe. Jünger: Ich beginne zu ahnen, was das bedeuten kann. Aber wie kann ich spüren, dass dies auch ein Weg für mich ist, ein Weg, auf den ich mich einlassen kann? Jesus: Wenn du spürst, dass der Geist Gottes dich auf diesen Weg einlädt und lockt, und wenn du empfindest, dass darin tieferes und größeres liegt als in der Liebe von Mann und Frau, dann bitte ihn darum, offen zu sein dafür, wie er selbst dich führt und innerlich lehrt und frei macht, indem du immer wieder darauf schaust, wie er in dir gegenwärtig ist, dir seine Liebe zuwendet, und dich ermuntert aus dieser Liebe zu leben und sie weiterzugeben, an andere Menschen, die arm sind und leer, indem du ihnen etwas mitteilst von dieser Liebe. Jünger: ich sehe, dass das ein Weg ist, der positiv ist, der viel größer ist, als nur der Verzicht auf die Ehe, ich sehe, dass es ein geistlicher Weg ist, der einem Ruf entspringt, einer Sehnsucht nach der tiefen Einheit mit Gott und seinem Willen, nicht nur für mich sondern in der Fruchtbarkeit für die Menschen, die mir auf meinem Weg begegnen, ich sehe, dass dies ein Weg ist, auf dem man sich führen lassen muss in Gemeinschaft mit dir. Und dass du ein Gefährte und Freund sein willst, der mich nie verlässt und mich mitnimmt auf deinen Weg in ewiges Leben, in ein Leben der Fülle. Jesus: Ja, so ist es. Viele werden diesen Weg nicht verstehen, sie werden dich vielleicht belächeln, andere werden dich für unnormal erklären, sie wollen lieber das greifbare haben. Sie haben noch nicht den Ruf des Geistes empfangen, weil sie nicht offen sind dafür. Im Grunde glauben sie nicht an das Reich Gottes, lieber an ihr eigenes Reich. Deswegen haben sie meine Existenz für so gefährlich erachtet, dass sie mich beseitigen wollten mit dem Kreuz, abschreckend auch für alle, die sich auf meinen Weg einlassen wollen. Ich habe es euch vorausgesagt. Aber ich bin euch trotzdem treu geblieben, ich rufe euch weiter mit meinem ganzen Leben in mein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe. Jünger: Aber dein Reich ist doch für alle, ob sie nun verheiratet sind oder ehelos. Jesus: Richtig, für alle. Und ich hatte unter meine Jüngern sowohl welche, die auf die Ehe verzichtetet haben als auch solche, die verheiratet waren. Ich konnte aber nicht jeden nehmen, nur die, die bereit waren, loszulassen und meine Lebensweise mit mir zu teilen. Denk daran, mein Reich beginnt schon hier auf Erden, aber in seiner Vollendung geht es nicht mehr um leibliche Fortpflanzung, da gibt es auch nicht mehr den Tod, es gibt nur noch die herzliche Liebe aller zu allen in Gott meinem Vater, da kommt keiner mehr zu kurz, da sind alle erfüllt vom Geist Gottes.. Jünger: ich ahne etwas: das ehelose Leben ist also auch ein Zeichen für das Kommende, das größer ist als alles, was wir uns vorstellen können. Jesus: So ist es. Ich will dir auch noch etwas sagen. Das ehelose Leben ist nicht einer bestimmten Klasse vorbehalten. Nur die Priester oder nur die Ordensleute. Oder die Menschen, die eine Jungfrauenweihe erhalten haben, es gibt viele, die diese Haltung im verborgenen leben aus dem Geist des Gebetes und des Dienstes, und die kein großes Aufheben davon machen, die aber etwas ausstrahlen. Jünger: Viele Leute fordern von der Kirche, dass sie den Priestern freistellen soll, ob sie verheiratet sein wollen oder nicht. Was ist dazu zu sagen? Jesus: Verheiratetsein oder nicht verheiratet sein ist nicht das erste, das erste und grundlegende ist dies: mit ganzer Hingabe dem Reich Gottes dienen wollen. Dieser Dienst ist in verschiedener Weise möglich. In der Kirche gibt es die Eheleute, die mit Ihrer Aufgabe und in ihrer Art Gott verkünden. Es gibt verheirate und unverheiratete männliche und weibliche Gemeindereferenten, Pastoralreferenten, verheiratete und unverheiratete Diakone und auch bei den Priestern gibt es je nach Kirche verheiratete (bei den Orthodoxen, den Protestanten und Anglikanern) oder unverheiratete. Aber dies ist nicht die erste Frage. Die Frage ist vielmehr, durch welches Zeichen können wir das Kommen des Reiches Gottes deutlicher bezeugen. Es braucht auch heute den Verzicht auf eheliche Liebe, das gehört zum Reich Gottes, aber dies ist keine Mangelhaltung sondern kommt aus der Fülle der Gemeinschaft mit mir und es braucht den Glauben und das Wissen darum, dass das gut ist, auch wenn es nicht jedem gegeben ist, und es braucht das gläubige Volk Gottes, das dies mitträgt und darum betet, dass es Menschen gibt, die sich so in aller Freiheit, die Gott schenkt, sich ihm zur Verfügung stellen. Aber es ist wie mit einem Samenkorn, das entfaltet sich erst auf Dauer, so muss man in diese Beziehung auch erst hineinwachsen und lernen. Jünger: Aber soll man das den Priestern vorschreiben? auch ein verheirateter Mann kann doch der Eucharistie vorstehen. Jesus: Deine Frage greift zu kurz. Du erinnerst dich daran, dass
ich manchmal im Bild des Bräutigams von mir geredet habe, so wie die
Schrift des Alten Bundes von Gott als dem Bräutigam seines Volkes
gesprochen hat. Ich liebe meine Kirche, mein Volk, wie ein Bräutigam
seine Braut, so sehr, dass ich mich für sie hingegeben habe. Sie ist
meine einzige Braut, die mir anvertraut ist. Das bedeutet letztlich die
Ehelosigkeit des Priesters, der diese meine Haltung in jeder Eucharistiefeier
darstellt. Das ist der Grund, warum es sinnvoll ist, dass der Priester
unverheiratet bleibt und dass die Kirche dies als ein angemessenes Zeichen
und Gut bewahren und schützen will.
Auch Ordenschristen und Laien verwirklichen die Berufung zum ehelosen Leben in Armut und Gehorsam mit Christus als Dienst vor Gott für ihre Brüder und Schwestern. In ihnen lebe ich mit meinem Geist. Und keiner darf sich wegen seiner Berufung über den anderen erheben, alle sollen einander dienen in liebender Demut. Jünger: die Kirche ist die Braut, die ruft MARANATHA, komm Herr und der Priester soll dies durch seine Haltung und sein Leben darstellen? Jesus: So ist es. Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende. Und bittet den Herrn, dass er selber euch lehrt dieses Geheimnis tiefer zu verstehen und zu achten. Einst sagte ich: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?
und ich streckte meine Hand aus über meine Jünger und sprach:
Siehe da, meine Mutter und meine Brüder; denn wer den Willen
meines Vaters tun wird, der in den Himmeln ist, der ist mein Bruder und
meine Schwester und meine Mutter.
Gundikar Hock SJ, Januar 2011
|