Peter-Faber-Haus  in Berlin Kladow (Geschichte)

Die  ,Welt am Sonntag'  weiß in ihrer Ausgabe vom 16. November 1975, S. 50 unter dem Titel: "Jesuiten laden zum besinnlichen Besuch mit Vollpension" zu berichten:

"Keine Klostermauern, keine Mönchszellen hat das Haus des Ordens (in Berlin-Kladow)aufzuweisen. Erbaut hat es Anfang der dreißiger Jahre (historisch genau im Jahr 1924) für einen Privatmann der bekannte Berliner Architekt Erich Mendelssohn, und zwar schon mit dem Kreuzgang am Innenhof. [...] Das Ordenshaus (genannt) "Peter-Faber-Kolleg", steht zusammen mit dem 1964 vom Bistum Berlin erbauten Haus "Mafia Frieden" auf einem der schönsten Wassergrundstücke Berlins, in Kladow, gegenüber der Pfaueninsel. Ein 13.000 Quadratmeter großer Park mit Bootshaus und Anlegesteg sowie Gewächshäusern. [...] Das Haus und das parkartige Grundstück sollen dem Besucher Ruhe geben und den Raum, zu sich selbst zu finden, um Kraft aus der Stille zu gewinnen."

Nach Baedekers "BERLIN-SPANDAU Bezirksführer von 1987" wurde dieses im englischen Tudorstil erbaute Haus, -Am Schwemmhorn 3a in Berlin Kladow -, ,,1924 von John Campbell als Landhaus Mendelssohn gebaut." Als Chruschtschow im Haus der UNO in New York mit dem Schuh auf den Tisch schlug, und manche um ihre Berliner Grundstücke Angst bekamen, konnte das Haus 1959 vom Jesuitenorden erworben und nach den notwendigen Umbauten 1960 als Noviziat der damaligen Ostdeutschen Provinz eingerichtet werden. Seit seinem Erwerb hat das Haus schon manchen äußeren und inneren Wandel erlebt.

Über den Ausbau berichtet Br. Georg Muschiol: "Im Frühjahr 1960 sollte ich vom Canisius-Kolleg in Berlin- Tiergarten nach Kladow fahren, um dort beim Aufbau des Noviziats mitzuhelfen. Als ich dort mit meinem Moped ankam, war Br. Anton Heik bereits dabei, die schweren Eisenträger zu streichen. Br. Kliemann kam auch nach Kladow, um eine Tischlerei einzurichten. Neben meiner Tätigkeit als Koch für die kleine Gruppe half ich Br. Christian Schmidt das Refektor zu streichen. Wenn die Bauarbeiter um 16.00 Uhr Feierabend hatten, ging bei uns die Arbeit noch bis in die Dunkelheit hinein weiter. Ich sorgte für provisorische Beleuchtung, sodass wir bis nach 19.00 Uhr weiterarbeiten konnten. Wir vier Brüder wohnten in einem schönen Nebenhaus, das später zu einem Altenwohnheim für sieben Personen umgebaut wurde. An den Wochentagen las jeden Morgen  P. Hans Bayer im benachbartem Anseim von Havelberghaus die heilige Messe für uns. Als die ersten Mitbrüder vom Jakobsberg (bei Bingen) zu uns kamen, war die Küche noch nicht fertig, sodass sie in das Sonnenscheinhaus zum Essen gehen mussten."

Zunächst war die Bestimmung des neu erworbenen Hauses, als Noviziat zur Ausbildung der jungen Jesuiten zu dienen. Auf diese Aufgabe weist schon sein Name hin. Jeder, der etwas über die Geschichte des Jesuitenordens weiß, kennt auch den seligen Peter Faber, einen der ersten Gefährten des hl. Ignatius, der nach dem Urteil des Ordensgründers am tiefsten in den Geist der Exerzitien eingedrungen war.

Von Anfang an stand aber bei der Gründung des Peter-Faber- Kollegs noch ein anderer Gedanke Pate. Das Haus sollte gleichzeitig den älteren und kranken Mitbrüdern eine Heimstatt bieten. Ihnen würde der Kontakt mit der lebhaften, unterneh- mungslustigen Ordensjugend gut tun, und die Novizen hätten Gelegenheit, aus der Lebens- und Seelsorgserfahrung der Senioren Gewinn zu ziehen und manches zu lernen, was nicht in den Büchern steht.

 

 

 

In einem Bericht von Br. Theodor Rogoß heißt es: "In den Tagen
um das Stanislausfest 1960 erfolgte der Umzug des Noviziates vom Jakobsberg bei Bingen nach Berlin- Kladow. Das neue Grundstück, das dem damaligen  P. Provinzial Karl Wehner nach Abschluss einer Novene zum heiligen Josef vorgeschlagen und von ihm ausgewählt wurde, liegt am rechten Havelufer im äußersten Süden des Bezirks Spandau. Der Blick nach Osten geht über den seeartigen erweiterten Fluss hin zum Wannsee. Dem Grundstück gegenüber liegt die halbinselartige Nordspitze der Pfaueninsel. In Richtung Südwesten blickt man über die Havel flussabwärts bis zu den einzelnen Häusern des durch ein kleines Waldstück von Kladow getrennten Sakrow, das der Stadt Potsdam angegliedert wurde, als die Teilung Deutschlands erfolgte.

In das Noviziat zogen damals (1960) unter Leitung von P. Rektor und Novizenmeister Günter Soballa 6 Patres, 12 Brüder, 15 Novizen und ein Scholastiker. Am 2. Februar 1961 wurde durch Kardinal Döpfner die neu errichtete Kapelle eingeweiht. [..] Ein Nebengebäude - ursprünglich das Haus des Hausmeisters -wurde umgebaut zu einem" Valetudinarium" mit sieben Zimmern für unsere Senioren und Kranken und konnte im Frühjahr 1963 bezogen werden."

Nun wurde aber zum 1. April 1971 das Noviziat mit dem der Niederdeutschen Ordensprovinz in Münster zusammengelegt. Von Münster kamen die Novizen dann nur noch einmal im Jahr für einen Monat ins Peter-Faber-Kolleg, um die Großen Exerzitien zu machen. Diese Tradition hält bis heute an, obwohl das Noviziat irn Herbst 1993 nach Nürnberg verlegt, und mit dem der Süddeutschen Provinz vereint wurde.

Dafür wurde das Peter-Faber-Kolleg für eine weitere Aufgabe der Ordensausbildung wichtig. Es sollte das sogenannte, Tertiat' für die deutsche Assistenz beherbergen. Diese auf Ignatius zurückgehende, den Jesuiten eigentümliche Einrichtung (auch "drittes Probejahr" genannt) ruft die Jesuiten, die ihre lange und intensive wissenschaftliche Ausbildung abgeschlossen und meistens schon einige Jahre draußen in der Praxis gestanden haben, noch einmal  für mehrere Monate in die Stille für eine letzte Überprüfung und Vertiefung ihrer Berufung.

Hier nochmals Br. Rogoß:

"Noch vor der Umwandlung des Peter-Faber-Kollegs in das ständige Tertiat der Deutschen Assistenz hielt P. Karl Wehner, inzwischen Rektor des Noviziats, im Jahre 1966 einen Tertiatskurs für Brüder" Nach der Verlegung des Noviziats nach Münster, erfolgte der Umbau der Novizenräume zum Tertiat. 1971 begann P. Leo Zodrow den ersten Tertiatskurs in Berlin. Dem folgte im Winter '71 unter Leitung von P. Karl Fank (GSU), ehemals Novizenmeister und Provinzial der Süddeutschen Ordensprovinz, noch einmal ein Brüdertertiat mit 2 Teilnehmern. Nachdem 1981 und 1983 P. Franz Jalics im Wechsel mit P. Zodrow einen Tertiatskurs gehalten hatte, übernahm 1985 P. Piet van Breemen die Leitung des Tertiats. Am 25. April 1994 wurde P. Piet van Breemen feierlich verabschiedet, um eine andere Aufgabe in Aachen zu übernehmen. Danach wurde P. Vitus Seibel, ehemaliger mehrfacher Rektor und Provinzial, zum Tertiatsinstruktor ernannt worden.

 Trotz all dieser Aktivitäten blieb und bleibt es Bestimmung des Peter-Faber-Kollegs, alt gewordenen Mitbrüdern ein Heim zu bieten. P. RudolfKornberger, der 1974 P. Franz HiIlig als Vice-Rektor des Kollegs ablöste, merkte bald, dass sich ein zunehmender Bedarf an Zimmern für alte, kranke und behinderte Mitbrüder zeigte.

 

 

So sah sich der damalige erste Provinzial der Norddeutschen Provinz,  P. Johannes G. Gerhartz vor die Entscheidung gestellt, für mehr Pflegemöglichkeiten in der Provinz zu sorgen Das für diese Aufgabe ursprünglich vorgesehene Nebenhaus des Peter-Faber- Kollegs erwies sich als zu klein. Daraus ergab sich die Notwen- digkeit einer baulichen Erweiterung. Sie konnte allerdings nur geschehen,  wenn ein neuer Trakt an das Haus angebaut wurde, was leider  nicht ohne Verzicht auf die alte, beliebte Kapelle geschehen konnte.
 Das Richtfest des Neubaus wurde am 25. März 1982 gefeiert, und am 19. Dezember 1982, dem 4. Sonntag im Advent, konnte dieser Neubau von dem Bischof von Berlin Joachim Meisner eingeweiht werden. Vieles aus der abgerissenen Noviziatskapelle, besonders die Inneneinrichtung, konnte weitgehend der von  P. Kurt Stefan Czekalla neu erbauten Kladower Pfarrkirche zur Verfugung gestellt werden.

Für die Kommunität war schon Ende der siebziger Jahre im ehemaligen Noviziatsteil eine kleine Kapelle eingerichtet worden, die auch weiterhin vom Tertiat, vom Noviziat während der Großen Exerzitien, und von kleinen Exerzitiengruppen benutzt wird.
Bei der Einweihungsfeier durch Bischof Joachim Meisner, der eine nachgeholte Altarweihe in der aus dem alten Speisesaal neu eingerichteten Hauskapelle, vorausging, wies P. Provinzial Rolf-D. Pfahl darauf hin, wie sehr die alten Patres und Brüder auch weiterhin in die Gemeinschaft des Ordens eingebunden sind. Sie erfüllen, so sagte er, einen ganz wichtigen Dienst: das Tragendes apostolischen Dienstes der Gesellschaft Jesu durch das Gebet. Dadurch wird noch einmal die geistliche Funktion des Hauses unterstrichen, in dem übrigens auch sonst, vor allem in den Zeiten, in denen keine Novizen und keine Tertiarier im Hause sind, die Möglichkeit zu Exerzitien, zu geistlichen Gesprächen und zum "Aufladen" der schwach gewordenen "geistigen" Batterien angeboten wird. Außerdem nimmt das Peter-Faber-Kolleg in den belegfreien Zeiten gern Mitbrüder auf, die sich erholen oder entspannen wollen, wovon immer mehr Gebrauch gemacht wird.

 

 

Wer den neu errichteten Trakt besucht, ist überrascht von der Helle und Weite der 14 Krankenzimmer, von der ganzen, den neuesten Stand der Kranken- und Altenbetreuung berücksichtigenden Einrichtung des Hauses. Dass in dem Neubau eine eigene geschmackvolle Kranken­kapeIle inmitten der Krankenzimmer und zum Teil von diesen einsehbar gelegen ist, ist wohl selbstver- ständlich. Betreut werden die Senioren und die Kranken von zur Zeit  5 Pflegekräften. Die Nachtwachen halten im Wechsel zwei Ordensbrüder In wenigen Wochen werden uns auch noch zwei Zivildienstleistende zur Verfugung stehen. Noch einmal Br. Rogoß:

"Die Hälfte der Dachetage des Neubaus wurde zu einem Meditationsraum ausgebaut, der vom Tertiat, den Novizen und anderen Exerzitanten genutzt wird. Diesen drei Gruppen kommt jetzt nach der Wieder­vereinigung besonders der Zugang zu dem Wald in Richtung Sacrow -Potsdam zugute. Auch das Bootfahren wird nicht mehr durch die mitten durch die Havel verlaufende Grenze beeinträchtigt-

Neben sehr vielen Seelsorgeaushilfen im Bezirk Spandau werden immer wieder Patres zur Messfeier von Schwesterngemeinschaften erbeten. Täglich gingen unsere Patres in das benachbarte Exerzitienhaus, (bis zur Auflösung) um dort für die Salvato- rianerinnen die heilige Eucharistie zu feiern. Seit 1994 haben wir auch die täglichen Gottesdienste im Kinderheim Sankt Hedwig in Kladow bei den Hedwigsschwestern übernommen."

(Zusammengestellt nach alten Aufzeichnung von P. Rudolf Kornberger, unter Mithilfe von Br. Georg Muschiol, der ein großartiges Gedächtnis hat, und der tatkräftigen Mitarbeit von Br. Theodor Rogoß, der bereits ein Jahr nach der Eröffnung des Hauses nach K!adow kam, und somit eigentlich ein Mann der ersten Stunde des Peter-Faber-Kollegs genannt werden kann, und der fast alles miterlebt hat.)

P. Claus Hoffinann SJ +

(provinznachrichten 1997/1)