Action Priesterjahr 10x10: 10 Fragen an 10 Priester der Diözese Hildesheim

Gundikar Hock SJ, Jg. 1936, Spiritual am Priesterseminar in Hildesheim von 1999-2011 Seit Dez.2011 Oberer der Jesuitenkommunität in Berlin Kladow.

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       1. Warum bist du Priester geworden?
 
Es war ein längerer Weg. Ich entstamme einer christlichen Familie, Vater katholisch Mutter evangelisch, nach dem Verlust des Vaters 1945 wurde ich durch den Katholizismus in meiner Gemeinde geprägt, hatte aber immer auch die ökumenische Erfahrung meiner Familie im Hintergrund.
Nach einem Sprachstudium bin ich mit 26 Jahren in den Jesuitenorden in Berlin eingetreten und gab damit der Frage nach dem Priesterwerden, die mich schon länger beschäftigte, Raum der Entfaltung. Ich hatte Gott als das wichtigste für mein Leben entdeckt, nicht nur intellektuell sondern auch mit meinem Herzen und Gefühl und dem wollte ich dienen, um es auch anderen weiterzugeben. Das Psalmwort stimmte für mich, bei Gott allein finde ich Ruhe, oder das Wort von Augustinus "Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir". Er ist es, der mich durch verschiedene Anrufe und Begegnungen immer wieder führte.
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2.Wie erlebst du dich in deiner Sendung mit deinen Aufgaben?
 
Ich habe nach meiner Ausbildung im Noviziat und des Studiums der Philosophie und Theologie verschiedene Aufgaben im Orden wahrgenommen. 8 Jahre Priester in der ökumenischen Laienbewegung Action 365. 6 Jahre Krankenseelsorger an den Unikliniken in Göttingen. Dann 14 Jahre in einem jesuitischen Team in der Ausbildung von Exerzitienbegleitern und seit 1999 Spiritual im Priesterseminar in Hildesheim, wo ich viele Menschen mit ihrem Fragen und ihrer Gottsuche begleite, Priester, Laien Ordensleute, Katholiken und evangelische Christen. Das ist eine wunderbare Aufgabe.
Ich war nie Kaplan oder Pfarrer in einer Pfarrei, obwohl es das bei den Jesuiten auch geben kann, und die Taufen, Beerdigungen oder Trauungen, die ich gehalten habe, kann ich an meiner Hand abzählen.
 
3. Wo nimmst du deine Kraft her und wo spürst du, dass Gott mit dir am Werk ist?
 
Ganz wichtig für mich ist die tägliche Feier oder Mitfeier der Eucharistie. Dort erfahre ich im Glauben den Wert meiner Berufung, Anteil zu haben an Kreuz und Auferstehung Jesu Christi, der für mich und alle Menschen gestorben ist, und mir durch seine Auferstehung Anteil gibt an seinem göttlichen Leben, und der mich sendet und in Dienst nimmt mit meinem Leben.
In den Evangelien spricht er mich mit seinem Wort an und gibt mir seine Weisung. Es bedarf aber auch sonst noch des Gebetes. Kraft bekomme ich auch durch meine jährlichen Exerzitien und auch durch die tägliche Begegnung mir den Menschen, die mir Gott zuführt und die ich begleite, durch deren Erfahungen ich aber auch selbst immer wieder von Gott in meinem Glauben ermuntert und gestärkt werde.
 
4. Was bedeutet dir das Gebet und die Feier der Eucharistie?
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Die Eucharistiefeier mit den Schwestern oder im kleinen Kreis ist mir ein tägliches Anliegen. Dann gibt es noch das Tagzeitengebet (das Brevier), das mir hilft, den Tag zu strukturieren mit den Laudes (Lobgebet am Morgen) und der Vesper (dem Gebet am späten Nachmittag), da bin ich dankbar, dass wir im Haus eine kleine Gruppe haben, die das oft gemeinsam vollzieht. Es ist das für jeden Tag vorgegebene Gebet der Kirche, in der neben dem Lobpreisgebet auch immer das Fürbittgebet eingeschlossen ist. Ganz wichtig ist für mich aber auch das tägliche persönliche Gebet, oft in einer kontemplativen Form des einfachen Daseins vor Gott in der Stille oder auch in einem Nachdenken über ein Wort aus der hl. Schrift oder im Nachdenken darüber, wie mir Gott am Tag begegnet ist, oder wo ich vor ihm davon gelaufen bin..

 

5. Bist du durch dein Priestertum persönlich gewachsen?
 
Ja. Ich bin vielen Menschen begegnet und habe von ihnen gelernt und bin mit ihnen einen Weg gegangen. Geistlich gesehen bin ich durch das Gebet immer wieder auf Gott verwiesen, der mich aufrichtet und weitet und korrigiert. Ich habe gelernt, viel zuzuhören und ein Gespür für Fragen entwickelt.

6. Welche Erfahrung hast du gemacht mit dem Wort Gottes heute?
 
Die Bibel ist wirklich ein großes Geschenk, am meisten hat sie sich mir erschlossen in den Betrachtungen der Exerzitien. Durch sie habe ich Jesus Christus immer mehr kennen und lieben gelernt. Und auch in der geistlichen Begleitung ist mir die Bibel eine große Hilfe. Sie stellt immer wieder typische Situationen dar, in denen der Mensch sich selbst erkennen kann und Weisung findet.
 
7. Welche Hilfen hast du erfahren in der Verkündigung?
 
Die größte Hilfe ist mir das Meditieren von Texten der Hl. Schrift, die ich dann auch ins Gespräch bringen kann oder darüber zu predigen. Auch die Lektüre von guten geistlichen Büchern gibt mir Anregung.

8. Was hilft dir in der Nachfolge Christi? Heilige? eine Gemeinschaft? ....

Hier möchte ich nur in Stichworten antworten, weil es in manchen Antworten schon enthalten ist. Außer dem schon genannten Gebet ist es die Ordensgemeinschaft, die mich geprägt hat und die ich in immer wieder verschiedenen Erfahrungen und Zusammensetzungen erlebt habe. Es ist das regelmäßige Begleitungsgespräch mit einem erfahrenen Mitbruder und dem Sakrament der Versöhnung, und es sind die jährlichen achttägigen Exerzitien in Zurückgezogenheit und Stille.

 

9. Wie erlebst du die Kirche heute - in ihren Stärken - in ihren Schwächen?

Die Stärke der Kirche ist ihr Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und an seine erbarmende Liebe, stark ist sie dort, wo sie Menschen im Glauben zusammenführt.

Ihre Schwächen sind dort, wo nicht Versöhnung gelebt wird, wo Egoismus überwiegt und Streben nach Macht, wo Lauheit und Mittelmäßigkeit herrschen. Faszinierend ist ihre weltweite Vernetzung.
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10. Fühlst du dich durch den Zölibat tiefer mit Christus verbunden? Wie wirst du mit Einsamkeit fertig?
Ich habe länger gerungen, bis ich mich für den Zölibat entschieden habe. Die Liebe zu einer Frau ist ja etwas ganz natürliches, und den Verzicht darauf kann ich nur leisten, wenn ich ihn als Gnade Gottes erlebe, weil er mich noch viel tiefer erfüllen kann.
Ich bin auch deswegen in einen Orden eingetreten, um die Bindung der Ganzhingabe tiefer leben zu können, aber auch um durch die Hilfe der Gemeinschaft gestärkt zu werden. In de Ordensgelübden geht es ja nicht nur um den Zölibat, sondern auch um das Gelübde der Armut und des Gehorsams, Ausdruck einer Hingabe um des Reiches Gottes willen, das allein einen Menschen ganz in den Dienst nehmen kann.
Es gibt Zeiten, wo ich auch die Einsamkeit stärker erfahre und andere, wo ich durch die Gemeinschaften mit Menschen, aber noch mehr mit Jesus Christus Liebe und Kraft geschenkt bekomme. Die Erfahrung der Einsamkeit, die ja letztlich jeder Mensch erfährt, - auch in der Ehe gibt es diese Erfahrungen. - ist für mich auch ein Ausdruck für die Nachfolge des gekreuzigten Jesus, der auch uns eingeladen hat, täglich sein Kreuz auf sich zu nehmen. Es ist dann auch ein Impuls, stärker aus der Kraft des Gebetes zu leben und aus dem Dienst am Nächsten.
Gundikar Hock, Hildesheim, Oktober 2009