Meditieren - wie kann man dabei vorangehen?

      Oft  tun wir es einfach, fragen uns aber selten, wie wir es eigentlich
      machen, ob es uns auch gelingt. Ich möchte daher auf ein paar Grund-
      züge des Meditierens aufmerksam machen, und zwar an Hand einer 
      Wortmeditation.
      Drei Schritte einer Wortmeditation sollen aufgezeigt werden.
      "Heilig bist du, du bist der Quell aller Heiligkeit" so heißt es im Hochgebet 
      nach dem dreimal Heilig."

      1. Wie kann  ich an ein solches Wort herangehen?

      Offen, d.h. ich habe zwar Voreinstellungen, und eine gewisse
      Erfahrung mit dem Wort. Was kommt in mir hoch, wenn ich das Wort
      'heilig' höre? Wo ist es mir bisher begegnet, wo habe ich es erfahren?
      Ich brauche zuerst einmal gar nicht analysieren, was es bedeutet;
      das ist Sache des Verstandes und damit kann ich das Meditations-
      geschehen schon abgeblockt haben. Also was kommt hoch?
      Vielleicht nur eines, vielleicht gegensätzliche Erfahrungen.
      Bei dem einen dieses, bei dem anderen jenes. Was steigt bei mir auf?
      das kann sich nur jeder selbst beantworten. der eine fühlt 
      vielleicht Ergriffenheit  und er erinnert sich an das Lied:
      'heilig, heilig, heilig'. Bei dem anderen steigt eine Sehnsucht
      auf; bei einem anderen ein Zorn und Aggressionen, er denkt an
      heiligen Stuhl' und findet das komisch; ein anderer erregt sich
      über die vielen Worte, die gemacht werden, wo nichts dahinter
      steht; der eine ist freudig gestimmt bei dem Wort, der andere
      traurig.
      Ich mache mir also zuerst einmal meine Vorbelastetheit klar und
      bewusst. Was heißt dann aber 'offen'?
      Offen heißt, dass ich mich nicht mit dieser Vorbelastetheit abfinde,
      sondern mich neu an das Wort heranwage. Was will mir Gott darin
      sagen? Ich glaube, dass er mir etwas darin zu sagen hat über sich
      und über mich. So will ich mich bereithalten, das anzunehmen, was
      ich davon ertasten kann

      2. Heilig bist du!

      Wenn ich noch nicht so recht verstehe, was das bedeutet, vielleicht
      nur ahne, habe ich dann wenigstens eine Sehnsucht, es zu verstehen?

      Heilig - das ist unantastbar, das ist rein, da zieht man die
      Schuhe aus, da wirft man sich zu Boden, da gibt es nur Anbetung.

      Und vielleicht die Erfahrung: ich bin geschieden von dem Heiligen,
      weil ich ein Sünder bin; oder aber ich bin hineingenommen in den Raum
      des Heiligen, weil ER mich angenommen hat, weil ER, Jesus Christus,
      mich gereinigt hat durch sein Blut, aufgrund seiner grundlosen Barmherzigkeit.

      Denken wir an die Stelle im Buch Exodus, wo Moses Gott im flammen-
      den Dornbusch begegnet und wo es heißt: 'Da verhüllte Moses sein
      Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen' .(Kap 3)

      Oder im Lukasevangelium, wo Petrus den wunderbaren Fischfang
      erlebt, sich Jesus zu Füßen wirft und spricht: 'Geh weg von mir,
      denn ich bin ein sündiger Mensch' .(Kap 5) 
      .
      Durch die Taufe geheiligt, kann ich verstehen, was Heiligkeit heißt. 
      Ich bin geheiligt, nicht indem ich meine Erfahrung befrage
      oder mein Gefühl, sondern indem ich mich sehe mit den Augen Gottes:

      "Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter". - 

      Ich lasse mich also auf etwas ein, was der Glaube mir sagt. 
      Und eigentlich erst dann, wenn ich mich dem Unfassbaren stelle 
      und es annehme, dann kann ich echt sprechen: Heilig bist du.

      3. Wie kann ich eine solche meditierte Glaubenserfahrung mit in den
      Alltag nehmen?
      Ich kann sie mir öfter wiederholen und so daraus zu leben beginnen.
      Ich versuche Abstand zu nehmen von Dingen, die sich mit dieser Erfahrung
      nicht vertragen. Ich versuche, Menschen und Dinge im Licht dieser neuen 
      Erfahrung zu sehen.
      Meditation hat eine Vorarbeit, oder Anlauf und sie hat einen Gipfel - wo 
      das Meditieren mir zu eigen wird. Ebenso gibt es eine Nacharbeit des Einübens.
      Meditation muss also eine Vorarbeit leisten: die Auflockerung des Bodens, 
      das Einbringen meiner Vorerfahrungen und Einstellungen, das Loslassen von Festgefahrenem.
      Der Zielpunkt der Meditation ist das Eins-Werden mit dem meditierten Gegenstand. Wenn ich Gott, den Heiligen meditiere, wird mir Anteil an seinem Heiligsein 
      geschenkt, wird mir offenbar, dass ich nur aus ihm lebe und leben kann.

      Wenn man in einer Gruppe solche Erfahrungen austauschen möchte,
      so könnte sich ein Gespräch anschließen über die Frage, was dem Einzelnen 
      zu meditativen Erfahrungen kommt. Da es sich hier um etwas ganz Persönliches 
      handelt, soll das jeder aus der Freiheit seines Herzens tun. 
      Die mitgeteilten Erfahrungen können die ganze Gemeinschaft bereichern.

      Es wäre auch möglich, direkt anzuknüpfen bei dem meditierten Wort
      und sich zu fragen, welche Rolle dieses Wort bisher 'bei mir' gespielt hat.
      Es geht dabei vorrangig nicht um Austausch von Gedanken über Heiligkeit, 
      sondern um Mitteilung eigner Erfahrungen und von Erlebtem.

      Gundikar Hock SJ
      .