Einübung und Weisung
Die Auferweckung des Lazarus.(Joh 11) Es geht nicht um eine
besondere Fähigkeit, Tote zu erwecken,
die wir vielleicht auch erlernen könnten, sondern es geht um das
tiefere
Verständnis und den tieferen
Glauben an den Herrn, um den Glauben
der Jünger, um den Glauben der beiden Frauen, um den Glauben der
Juden
und auch um unseren Glauben. Also geht es nicht zuerst darum, daß
irgendein Toter ins Leben zurückfindet, sondern darum, daß
ich
ins Leben komme, denn Glauben heißt nichts anderes als vom Tod
ins
Leben kommen, aus dem Grab der Ichangst, wo viele Binden und
Tücher
lebensunfähig machen, herauszukommen in die Freiheit der Kinder
Gottes,
in die Beziehung zu dem, der von Grund auf liebt.
An anderer Stelle sagt Jesus
im
Johannesevangelium, "wenn ihr nicht
glaubt, daß ich es bin, dann werdet ihr in euren Sünden
sterben."
(Joh 8,24)
Kennen wir nicht auch eine Erfahrung, wie tot zu sein, wenn eine Beziehung zerbrochen ist, oder aufzuleben durch die Gewißheit geliebt zu werden? Um unseren Glauben geht es, darum will uns Jesus wachrütteln, sogar durch eine Totenerweckung, die auch schon eine Vorbereitung und ein Vorspiel seiner eigenen Auferstehung von den Toten ist. Wenn wir wüßten,
wieviele Vorurteile psychologischer und
religiöser Art uns umhüllen, wieviele Ängste uns
einschnüren,
wie unfrei wir oft sind, dann könnte in uns die Sehnsucht nach
einer
Befreiung im Glauben entstehen, wenn Jesus uns mit der Macht seines
Wortes
ruft: Komm heraus. Schauen wir
noch
einmal auf das Geschehen. Vier Orte: Zweiter Ort ist das Haus der Maria und Martha, Ort der Trauer, Ort des Versuches zu trösten, aber nicht mit dem Trost des Lebens, sondern eher mit dem-sich-dreinfinden. Dritter Ort ist der Ort des Jesus-entgegengehens, Ort des zum Glauben-Kommens. Im Glauben geht es nicht um ferne Zukunft, sondern um das Hier und Jetzt, in dem sich Gott offenbart: "Ich bin die Auferstehung und das Leben"(Joh 11,25), Ort des Bekenntnisses: "Ich bin zu Glauben gekommen, daß Du der Messias bist" (Joh 11,27). Hier finden die entscheidenden Gespräche zwischen Jesus und Martha und Jesus und Maria statt. Vierter Ort ist das Grab -
scheinbar der Ort der Endgültigkeit,
der Verlorenheit, aber dann plötzlich der Ort des Wunders, des
Dankgebetes,
des Wirkens Gottes als Antwort auf den Glauben, Ort des neuen
Aufbruchs,
des Glaubens, der Hoffnung.-
Die vier Orte können uns Gelegenheit geben zu fragen, wo wir selbst stehen. Wo ist mein Ort, oder zu welchem Ort möchte ich gehen, was traue ich dem Herrn zu, daß er in meinem Leben wirkt, wo sperre ich mich vielleicht noch und bin gar nicht bereit, daß er zu mir kommt, möchte es vielleicht auf den jüngsten Tag verschieben? Jesus ist die Auferstehung und das Leben. Auch schon vor seiner Auferstehung. Er kommt aus dem lebendigen Gott, er ist bereit, sein Leben nicht festzuhalten, sondern hinzugeben für die Vielen, um es fruchtbar zu machen für uns, die wir ihn in der Eucharistie empfangen, damit wir durch ihn leben. Jesus braucht keinen irdischen Bindungen zu sterben, weil nur die Bindung zum Vater ihn bestimmt. Diese Lebensweise sollen wir mit ihm teilen. Wenn wir mit Christus gestorben sind in seinem Tod und damit auch der falschen Anhänglichkeit an die Welt, wenn wir auferstanden sind mit ihm in unserer Taufe und versuchen, dies auch in unserem Leben zu vollziehen, dann kann unser Leben ein Zeichen und eine Hoffnung für viele sein, daß auch sie vom Tod zum Leben finden. Gundikar Hock SJ |